P-E-C-H – Behandlung von Sportverletzungen


MASSNAHMEN BEI TRAUMATISCHEN SPORTVERLETZUNGEN
von Günter Steppich


Bänderdehnungen und -risse (nach „Umknicken“), Verstauchungen, Prellungen („Pferdekuß“) und Zerrungen sind die häufigsten Verletzungen beim Basketball. Am häufigsten betroffen sind Sprunggelenke, Finger- und Kniegelenke. Ein „Trauma“ ist eine sogenannte stumpfe Verletzung (keine offene Wunde) mit mehr oder weniger starker Beschädigung kleiner Blutgefäße. Hierdurch tritt Blut in die betroffene Region aus und bewirkt eine Schwellung (Hämatom, Bluterguß). Im Bluterguß entstehen in der Folge entzündliche Prozesse, die Bewegungsschmerzen erzeugen und die Heilung behindern. Je größer der Erguss, desto länger die Zwangspause für den Sportler.
Bei der Sofort- und der Nachbehandlung solcher Verletzungen werden leider sowohl von den Betroffenen als auch von Trainern und Ärzten immer wieder gravierende Fehler begangen, die die Genesungszeit (und auch die Schmerzen) verdoppeln bis verdreifachen können. Im Folgenden daher die wesentlichen Punkte einer Sofort- und Nachbehandlung am Beispiel einer Fußgelenksverletzung:


 

ERSTE HILFE: unmittelbar nach Verletzungsvorfall muß die PECH-FORMEL angewandt werden, um die Schwellung so gering wie möglich zu halten. Die folgenden Maßnahmen reduzieren in ihrer !KOMBINATION! die Durchblutung der verletzten Region auf ein Minimum.


P – PAUSE: Einstellen der Sporttätigkeit.


Starker Schmerz und deutliche Bewegungseinschränkungen sind ernste Warnsignale. Der nach Umknicken des Fußes häufig gegebene „Tip“, den Schmerz „wegzulaufen“, ist ein an Körperverletzung grenzender Unsinn.


E – EIS: die betroffene Stelle muß sofort gekühlt werden.


Das verengt die Blutgefäße, reduziert so die Durchblutung, es kann weniger Flüssigkeit in das Gewebe austreten, das Anschwellen wird gering gehalten oder gar verhindert. Kältepackungen sind wirksamer als Eissprays, dürfen jedoch nicht direkt auf die Haut gelegt werden (Gefahr von Erfrierungen!). Socken anlassen bzw. ein Stück Stoff oder 1-2 Wicklungen mit einer elastischen Binde anlegen. WICHTIG: Kühlen betäubt den Schmerz. Ein Weiterspielen nach Kältebehandlung kann schlimme Folgen haben und eine Verletzung erheblich verschlimmern!


C – COMPRESSION: Anlegen eines Druckverbands.


Zusätzlich zur Kühlung muß Druck auf die verletzte Region ausgeübt werden. Auch dadurch wird Flüssigkeitsaustritt gehemmt. Am besten ein Kältekissen mit einer elastischen Binde fixieren.


H – HOCHLEGEN: Hochlegen oder -halten des verletzten Körperteils. Die verletzte Region muss über Herzhöhe gelagert werden. Das vermindert den Blutdruck in den verletzten Blutgefäßen und damit ebenfalls das Anschwellen.


 


– WEITERBEHANDLUNG, PHASE I: in den ersten 48 Stunden nach der Verletzung alles VERMEIDEN, was die Durchblutung steigert: BEWEGUNG, WÄRME, MASSAGE, ALKOHOL (innerlich und äußerlich!). Finger weg von SPORTSALBEN. Die gängigen Sportsalben („Mobilat“ u.ä.) haben alle eine durchblutungssteigernde Wirkung, mit der man die mühsam verhinderte Schwellung dann doch noch erzeugen kann. Die verletzten Gefäße brauchen diese zwei Tage, um sich so weit zu regenerieren, daß ein größerer Flüssigkeitsaustritt nicht mehr zu befürchten ist. WICHTIG: AUF KEINEN FALL GIPS anlegen lassen (in vielen Krankenhäusern beliebte Unsitte); Gips macht nicht nur eine Kühlung unmöglich, sondern sorgt für eine immense Erwärmung. Folge: das verletzte Gelenk schwillt erheblich an, der starke Bluterguß verursacht heftigen Druckschmerz im Gipsverband!


Bei stärkeren Schwellungen mit erheblichen Druck- und Bewegungsschmerzen und deutlicher Einschränkung von Beweglichkeit und Belastbarkeit MUSS eine normale (keine gehaltene) Röntgenaufnahme gemacht werden, um eine Verletzung von Knochen und Knorpel auszuschließen. Sogenannte „Gehaltene Aufnahmen“ zu diesem Zeitpunkt sind zu unterlassen, da sie starke Schmerzen verursachen und die Verletzung sogar verschlimmern können.


Heute gibt es andere, schmerzfreie Diagnosemethoden, wie z.B. Ultraschall oder Computertomographie.


– WEITERBEHANDLUNG, PHASE II: das geeignete Verfahren zur Feststellung eines möglichen Bänderrisses ist die ARTHROGRAPHIE (Kontrastmittelaufnahme), die Risse eindeutig auf dem Röntgenbild erkennen läßt. Die Bänder selbst sind auf einer Röntgenaufnahme nicht zu erkennen!


Bei den häufig durchgeführten „GEHALTENEN AUFNAHMEN“ müssen Aufnahmen von BEIDEN Füßen gemacht werden. Danach läßt sich anhand der unterschiedlichen „Aufklappwinkel“ der Gelenke nur eine Vermutung! über das Ausmaß der Verletzung (Dehnung, Anriß, ein- bis dreifacher Abriß) anstellen. Problematisch dabei ist auch, daß die größere Aufklappbarkeit schon von einer früheren, nichtbehandelten Verletzung herrühren kann.


UNTERSUCHUNGEN (Nachzulesen u.a. schon in BASKETBALL, Nr.12, 1989, S.18f) zeigen, daß selbst bei ausgedehnten (dreifachen) Bänderrissen im Sprunggelenk (gilt nicht für Knieverletzungen) eine OPERATIVE BEHANDLUNG NICHT ANGEZEIGT ist! Durch konservative Versorgung mit Zinkleim- bzw. Tapeverbänden und anschließender Aircast-Schiene wird die gleiche Stabilität wie mit operativer Versorgung erreicht. Damit treten auch die befürchteten Spätschäden in Form von Arthrose (Gelenkknorpelverschleiß) nicht auf. Für die konservative Behandlung spricht weiter:


– wesentlich kürzere Behandlungszeit
– Vermeiden des Operations- und Narkoserisikos
– Vermeiden der Wundschmerzen
– lange Ruhigstellung im Gips führt zu Störungen im Bewegungsablauf, erheblichem Muskulaturverlust und Verminderung der Knorpelschicht. Dadurch ist das Gelenk nach der Gipsentfernung extrem ungeschützt und verletzungsanfällig.


Sehr viele Ärzte sind leider nicht auf diesem Informationsstand.


Stellt sich die Verletzung lediglich als Bänderdehnung heraus, muß nach 48 Stunden die Durchblutung angeregt werden, um den Stoffwechsel und damit die Heilung zu beschleunigen: SPORTSALBEN (aus meiner Erfahrung empfehlenswert: TRAUMON GEL, verschreibungspflichtig), WECHSELBÄDER (heiß-Eis) und schmerzfreie BEWEGUNGSÜBUNGEN sowie BELASTUNG bis zur Schmerzgrenze. Sehr zu empfehlen ist SCHWIMMEN, da hier Bewegung unter geringer Belastung, ein leichter Massageeffekt und evtl. Wärme (Thermalbad) zusammenwirken. Elektrotherapie, Infrarot etc. sind weitere physiotherapeutische Möglichkeiten. Ein funktioneller TAPEVERBAND auf einer Gazofix-Grundlage schützt das Gelenk bis zur völligen Wiederherstellung.