Einfach zu schnellen Beinen – Klaus Oltmanns

Band 5 der Broschürenreihe philippka training (in Kooperation mit der Trainerakademie Köln (DOSB))

Zum Begriff der Schnelligkeit

Die Schnelligkeitsfähigkeiten lassen sich allgemein als Voraussetzungen dafür beschreiben, sportliche Handlungen bzw. Bewegungen unter den gegebenen Bedingungen in kürzestmöglicher Zeit realisieren zu können. Je nach Sportart erscheinen die Schnelligkeitsleistungen sehr unterschiedlich. Schnelligkeit wird meist weiter differenziert in Reaktions- und Bewegungsschnelligkeit.

• Die Reaktionsschnelligkeit ist dann hoch, wenn die Zeitspanne zwischen einem auslösenden Reiz (z.B. Startsignal) und der darauf folgenden Bewegung möglichst kurz ist

• Die Bewegungsschnelligkeit beschreibt die Fähigkeit, eine Bewegung möglichst schnell auszuführen. Dazu gehören die azyklische (bei Einmal-Bewegungen wie Sprung oder Wurf, gelegentlich auch als Schnellkraft bezeichnet) und die zyklische Schnelligkeit (bei sich wiederholenden Teilbewegungen wie z.B. im Sprint mit seinen einzelnen Schritten).

Gerade beim Basketball wird vermehrt auch der Begriff der Handlungsschnelligkeit verwendet. Dieser erweitert die genannten Erscheinungsformen z.B. um den Erfahrungs- und Wissensaspekt, der hilft, Spielsituationen früher als der Gegner zu erkennen mit dem Vorteil, rechtzeitiger mit der passenden Bewegung zu starten. Hier beschränkt sich das Buch aber auf die beiden ersten Begriffe.

Verschiedene Leistungsfaktoren

Lange wurde die Schnelligkeit in der Trainingslehre als eine der konditionellen Fähigkeiten, insbesondere neben der Ausdauer und der Kraft, gehandelt. Letztlich wird aber die Fähigkeit zu schneller Fortbewegung sowohl durch konditionelle und koordinative als auch technische Elemente geprägt. Wichtige koordinative, insbesondere neuronal bedingte Faktoren sind für die zyklische Schnelligkeit, die Fähigkeit zu einer hohen Bewegungsfrequenz und zu einem schnellen Wechsel zwischen An- und Entspannung der beteiligten Muskulatur. Für azyklische Bewegungen sowie für den einzelnen Abdruck beim Sprint sind die sog. „kurzen Zeitprogramme“ im Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (entsprechend der Fähigkeit zu kurzen Bodenkontaktzeiten) von Bedeutung. Unter konditionellem Aspekt ist die Kraft beim Abdruck relevant, vor allem die Schnellkraft und deren Basisfähigkeit Maximalkraft.

Beachtet alle Leistungsfaktoren!

Häufig wird versucht, Schnelligkeit ausschließlich durch Trainingsübungen mit komplexem Anforderungsprofil zu entwickeln. Schnelligkeit ist zwar ebenfalls wie beschrieben komplex strukturiert. Aber: Sie entwickelt sich nur durch maximal oder fast maximal schnelle Ausführung der Trainingsübungen (mehr dazu weiter unten).

In komplexen Situationen ist das allerdings oft gar nicht oder nur für einzelne Komponenten der Schnelligkeit gewährleistet. So kann ein Sportler eine bestimmte Laufgeschwindigkeit in Grenzen durch unterschiedliche Kombinationen von Schrittlänge (vor allem Kraft) und

-frequenz (v.a. Koordination) erzielen. Typischerweise wird er aber unbewusst eine individuelle „Wohlfühl-Kombination“ wählen, so dass in der Folge meist kein optimaler Trainingsreiz erfolgt.

Besser ist es deshalb, auch ein Komponententraining zu berücksichtigen. Sprints leicht bergauf oder Sprungübungen können den Kraftanteil besonders fordern, Sprints leicht bergab oder mit erzwungenermaßen verkürzten Schritten z.B. in Frequenzbahnen sprechen eher die schnellkoordinativen Prozesse an. Und Reaktionsübungen sollten sich an den typischen Reaktionsanforderungen in der Sportart orientieren bzw. in der Grundausbildung entsprechend vielfältig angelegt sein.

Da sich Koordination besonders lohnend vor und Kraft erst nach der Pubertät trainieren lässt, empfiehlt es sich, im langfristigen Aufbau eine Schwerpunktverschiebung vorzunehmen. Das heißt allerdings nicht, dass die einzelnen Bereiche nur in den sog. sensiblen oder lohnenden Phasen trainiert werden müssen und zu anderen Zeiten vernachlässigt werden dürfen. Es geht ausschließlich um eine Verlagerung der Schwerpunkte.

Unbedingt maximal schnelle Ausführung, um Schnelligkeit zu entwickeln!

Um die Schnelligkeit zu entwickeln, sind unbedingt maximal oder fast maximal schnelle Ausführungen notwendig – eine Ausführung mit z.B. „lediglich“ 75 oder 80 % der maximalen Geschwindigkeit reicht dafür nicht aus.

Sie als Trainer müssen deshalb dafür sorgen, dass durch die richtige Organisation und Belastung diese Anforderungen im Training erfüllt werden. Mit jeder neuen Übung gehen Sie immer in der gleichen Reihenfolge vor:

• Zuerst wird die Übung erlernt.

• Danach wird für die gekonnte Übung der Zeitdruck erhöht – bis zum Maximum.

Für die Absicherung der maximal schnellen Ausführung bei zyklischen Übungsformen solltet Ihr folgende Kriterien beachten:

• kurze Dauer der einzelnen Belastung: max. 6 Sekunden

• ausreichende Pause zwischen den Belastungen: Maximalforderung je Sek 1 Min Pause, in der Praxis 30 sec realistischer

• ermüdungsfrei, also zu Beginn einer Trainingseinheit!

• motivierend, z.B. durch Vergleich / Wettkampfsituation / Staffel

• ohne Zusatzaufgaben wie z.B. Ballorientierung

• nur so viele Wiederholungen, wie ohne Leistungsminderung möglich (oft nur 6-8x)

• hohe koordinative Vielfalt und Abwechslung, um die Ausbildung motorischer Stereotype zu verhindern (Schnelligkeitsbarriere)

Bei der Schulung von Reaktionsleistungen beachten Sie folgendes:

• hoher Zeitdruck

• auch variable Auslösereize (zeitliche Gestaltung, Wahl des Signals)

• Komplexität wechseln, steigern

Viele weitere attraktive Beispiele als praktische Anwendung findet Ihr in dieser Broschüre.

hinzugefügt: 25.02.2010
Rezensent: Anke Kreft
Punkte:
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