„Amoeba“ UNLV Match-up Zone

Trainerfortbildung Saison 2000/2001
09.09.2000 in Erfurt


Thema: „Amoeba-Zonenverteidigung


von Landestrainer
Ralf Straßburg
Lutherstraße 71
07743 Jena

1. Einleitung

1.1. Ball-Raum-Verteidigung (BRV) allgemein

Die Ball-Raum-Verteidigung wird von vielen Mannschaftten sehr „konventionell“ gespielt. Sehr oft trifft man auf die gängige 2-1-2-BRV, die zudem oft sehr passiv auf Fehler der Angreifer wartet. Die Initiative, die Angreifer zu Fehlern zu zwingen, geht hierbei verloren; Verteidigungstechniken gehen verloren oder werden gar nicht erst erlernt. Das primäre Ziel einer solchen BRV ist die Absicherung des korbnahen Bereiches. Dribbeldurchbrüche sollen möglichst verhindert werden. Der Gegner soll zu Würfen aus der Mittel- und Weitdistanz gezwungen werden, in der Hoffnung er wirft daneben. Die Außenspieler werden aber nicht wirklich unter Druck gesetzt.
Probleme ergeben sich auch durch eine Gewöhnung der Angreifer an bestimmte oft gespielte BRV’s.

Alternativen bieten BRV’s, die aggressiv gespielt werden. Grundsätzlich kann jede BRV (egal welche Aufstellung) aggressiv gespielt werden, so daß der Ballführer unter Druck gesetzt wird. 
Die Vorteile einer aggressiven BRV sind:
– Angreifer sind nicht gewohnt, gegen druckvolle Verteidigung zu spielen
– die Initiative liegt bei den Verteidigern, die Angreifer werden gezielt zu Fehlern gezwungen
– durch hohe Intensität muß mehr gewechselt werden, alle Spieler des Teams fühlen sich dadurch als wichtiges Teil des Ganzen, die Stimmung in der Mannschaft ist besser
– aggressive Verteidigung gibt Möglichkeiten, zurück ins Spiel zu kommen und Rückstände aufzuholen

1.2. Legende





















Ball
Angreifer
Verteidiger
Laufweg
Passweg
Dribbelweg

2. Amoeba-Zonenverteidigung

2.1. Entstehungsgeschichte der Amoeba-Zonenverteidigung

Die Amoeba-Zonenverteidigung wurde an der University of Nevada in Las Vegas (UNLV) unter der Leitung des damaligen Chef-Coaches Jerry Tarkanian von dem Assistenztrainer für den Defensivbereich Tim Grgurich, der jetzt Assistenztrainer bei den Portland Trailblazers ist, Ende der 80er-Jahre entwickelt. Zu der Zeit gewann UNLV den Titel als NCAA-Meister mit einem sehr attraktiven Spielstil. Durch sehr aggressive BRV und Mann-Mann-Verteidigungen haben sie das Spiel sehr schnell gemacht, was zu sehr hohen Ergebnissen führte und das Publikum begeisterte. Den Namen erhielt die Verteidigung von dem Kleinstlebewesen Amöbe, da die Neuausrichtungen nach Pässen an die Bewegungen einer Amöbe erinnern.

2.2. Amoeba-Zonenverteidigung

Die Amoeba-Zonenverteidigung (kurz Amoeba genannt) ist eine aggressive BRV die nach Prinzipien der Mann-Mann-Verteidigung arbeitet. Die Amoeba sichert den korbnahen Bereich gegen Dribbeldurchbrüche, setzt aber gleichzeitig die ballführenden Außenspieler massiv unter Druck, um Fehler durch schlechte Pässe und Würfe zu erzwingen. Hierbei sind die Grundtechniken der Mann-Mann-Verteidigung zwingend als Grundlage erforderlich.

2.3. Wiederholung der Grundtechniken

2.3.1. Gleitschritt Verteidigungsgleitschritte am Dribbler

2.3.2. Sprintschritt Verteidigungsgleitschritte am Dribbler, Überholen des Dribblers durch Sprintschritte, Aufnahme der Verteidigung mit Verteidigungsgleitschritten

2.3.3. Deny-Verteidigung Armposition, Stellung zwischen Ball und Gegner, (Paßweg schließen) Fußarbeitstechnik

2.3.4. Close-Out Fußarbeit, Körperschwerpunkt, Gegneraufnahme (Herauslaufen zum Gegner)

2.3.5. Close-Out & s.o., Ausblocken Sternschritt nach vorn, Kontakt Box-Out aufnehmen

2.3.6. Close-Out & s.o., Dribbledurchbruch stoppen, Fußtechnik, Penetration- Kontakt aufnehmen defense

2.3.7. Close-Out & s.o., Fußarbeit, Orientierung zurück

2.3.8. Cut-Verteidigung von Hilfsposition Schneidebewegungen bumpen (bekämpfen, stoppen, „Body-Check-Defense“)

2.4. Grundaufstellung

Die Amoeba ist in der Grundaufstellung im Prinzip eine 2-3-BRV mit zwei Verteidigern oben und drei Verteidigern unten (Abb. 1). Die Verteidigung wird in zwei verschiedenen Einheiten bzw. Teams erledigt, dem Zweierteam (hellgrau) mit den oberen Verteidigern und dem Dreierteam (dunkelgrau) mit den unteren Verteidigern.


Abb. 1


Die 2-3-Aufstellung verschiebt sich etwas, wenn der Aufbauspieler den Ball in der Mitte hat und ein Verteidiger des Zweierteams ihn angreift (Abb. 2).

Abb. 2

In der Abb. 3 bedeuten die Angreifer nicht die fünf Gegenspieler sondern die Spielpositionen, auf denen sich die fünf Gegenspieler aufhalten könnten. Dies verdeutlicht, wo die Verteidiger nach Mann-Mann-Verteidigungskriterien und nach Ball-Raum-Verteidigungskriterien arbeiten, für welchen Bereich jeder Verteidiger zuständig ist. Zur Vereinfachung wird statt von den Spielpositionen weiterhin von den Angreifern gesprochen, obwohl nie acht Angreifer im Spiel auf dem Feld sind.

Abb. 3

2.5. Dreierteam

Das Dreierteam (Abb.4) ist zuständig für die Spielpositionen 2,3,4,5,7 und 8 der Angreifer, nicht jedoch für Position 6. Ist der Ball bei Angreifer 1 müssen die Verteidiger 3, 4 und 5 so eine Position einnehmen, daß sie einen Paß zu 7 oder 8 abfangen können.


Abb. 4

2.5.1. Erster Paß zum Flügel

Wird der erste Paß zum Flügel gespielt sind die Spieler des Dreierteams für den Druck am Ball zuständig. Spielt Angreifer 1 den Ball zu 2, sprintet Verteidiger 3 zu Angreifer 2 und macht Druck am Ball, sprintet Verteidiger 5 zu Angreifer 7 und macht den Paßweg zwischen Ball und Gegner zu und Verteidiger 4 sinkt ab auf eine Hilfsposition und kontrolliert Angreifer 3, 5 und 8 (Abb. 5 und 6). 







Abb. 5

Abb. 6


2.5.2. Paß zurück von Flügel zu Aufbau

Spielt Angreifer 2 den Ball zurück zu 1, rutschen alle Verteidiger in ihre Ausgangsposition zurück (Abb. 7 und 8). 







Abb. 7 

Abb. 8

2.5.3. Paß von Flügel zur Ecke

Spielt Angreifer 2 den Ball zu Angreifer 4 in die Ecke sprintet Verteidiger 5 von Angreifer 7 zu Angreifer 4 und macht Druck am Ball. Verteidiger 3 sprintet von Angreifer 2 zu Angreifer 7 und schließt den Paßweg zwischen Ball und Gegner. Verteidiger 4 geht von der Hilfsposition erst zu Angreifer 7 hinter diesen als Sicherheit bis Verteidiger 3 diesen erreicht hat und nimmt dann wieder die Hilfsposition ein (Abb. 9 und 10). 







Abb. 9

Abb. 10 

2.6. Zweierteam

Das Zweierteam (Abb.15) ist zuständig für die Spielpositionen 1, 2, 3 und 6 der Angreifer. Ist der Ball bei Angreifer 1 macht Verteidiger 1 Druck am Ball und Verteidiger 2 schließt bei Angreifer 6 den Paßweg zwischen Ball und Gegner.


Abb. 15

2.6.1. Erster Paß zum Flügel

Spielt Angreifer 1 den Ball zu Angreifer 2, sprintet Verteidiger 1 von Angreifer 1 zu Angreifer 6 und macht den Paßweg zwischen Ball und Gegner zu. Verteidiger 2 verändert erst die Position beim Paßwegschließen an Angreifer 6 und sprintet dann, sobald Verteidiger 1 Angreifer 6 übernommen hat, auf eine Hilfsposition, von wo Verteidiger 2 bei einem Penetrationdribbling von Angreifer 2 aushelfen kann (Abb. 16 und 17).







Abb. 16 

Abb. 17

2.6.2. Paß zurück von Flügel zu Aufbau

Spielt Angreifer 2 den Ball zurück zu Angreifer 1, sprintet Verteidiger 2 zurück zu Angreifer 6 und schließt den Paßweg. Sobald Verteidiger 2 Angreifer 6 übernommen hat, sprintet Verteidiger 1 zu Angreifer 1 und macht Druck am Ball (Abb. 18 und 19). 







Abb. 18 

Abb. 19


2.6.3. Paß von Flügel zur Ecke

Spielt Angreifer 2 den Ball zu Angreifer 4 in die Ecke, verändert Verteidiger 1 lediglich seine Verteidigungsposition. Verteidiger 2 sprintet von der Hilfsposition zu Angreifer 2 und schließt den Paßweg, so daß ein Rückpaß nicht möglich ist (Abb. 20 und 21). 







Abb. 20 

Abb. 21 

2.6.4. Paß zurück von der Ecke zum Flügel

Sollte Angreifer 4 den Ball trotz Deny-Verteidigung von Verteidiger 2 zu Angreifer 2 spielen können, richten sich Verteidiger 1 und 2 lediglich neu aus und Verteidiger 2 macht Druck am Ball (Abb. 22 und 23). 







Abb. 22 

Abb. 23

2.6.5. Paß zurück zum Aufbau
siehe 2.6.2.

2.7. Alle fünf Verteidiger

2.7.1. Erster Paß zum Flügel
siehe 2.5.1. und 2.6.1.







Abb. 24 

Abb. 25